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#allesdichtmachen – Was ist da in der Kommunikation schiefgelaufen?

30. April 2021 by Daniel Gabel in Real Communication

#allesdichtmachen hat von den sozialen Netzwerken bis hinein in die Print-Medien eine hohe Welle geschlagen. Hätten die Beteiligten den Shitstorm kommen sehen können? War die Tonalität angemessen? Welche Ableitungen lassen sich für die Kommunikation in emotional aufgeladenen Situationen treffen?

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#allesdichtmachen – Was ist da in der Kommunikation schiefgelaufen?

Mehrere Schauspieler wollten mit Videobotschaften unter dem Hashtag #allesdichtmachen auf die vielfältigen Auswirkungen der Lockdown-Politik aufmerksam machen und die öffentliche Diskussion über die Angemessenheit der Corona-Schutzmaßnahmen anregen. Die Aktion hat den Diskurs definitiv angeregt, aber wahrscheinlich anders als eigentlich intendiert. Es folgte eine hitzige Diskussion in den sozialen Netzwerken, die vielfach von unsachlichen, teils persönlichen Anfeindungen geprägt war. Grund genug für uns, mit der Kommunikationsbrille einen kurzen Blick auf die Kampagne zu werfen und aufzuzeigen, wie die Videos eine impulsive Debatte befeuert haben. In diesem Beitrag gehen wir der Frage nach, wie es zu diesem „Shitstorm mit Ansage“ kommen konnte und wie sich die Teilnehmer besser hätten absichern können.

allesdichtmachen setzte auf kurze Videobotschaften prominenter deutscher Schauspielerinnen und Schauspieler wie Tina Maria Aigner, Miriam Stein oder Jan-Josef Liefers. In Einzel-Statements teilen die Protagonisten ihre Meinung über die gesellschaftlichen Folgen der Lockdown-Politik. Die meistgenutzten Stilmittel: Ironie, Sarkasmus und bisweilen Zynismus.

Die Aktion traf auf eine seit Monaten aufgeheizte Stimmung. Die Gesellschaft ist über den richtigen Kurs in der Pandemie gespalten. Während sich vielfach Frust über die verordneten Corona-Restriktionen und die Leistungsbilanz der Regierung in der Pandemie seine Bahnen bricht, sterben weiterhin Menschen an Corona und die Intensivstationen müssen täglich mehr COVID-Patienten behandeln.

In diesem Umfeld war es von vornherein klar, dass die Teilnehmer eine gewaltige, sehr kontroverse Reaktion auslösen würden. Daher stellt sich die Frage, ob die Teilnahme an der Aktion, völlig unabhängig von der eigenen politischen Anschauung, eine gute Idee war.

Schaut man hinter die Kulissen, waren nach derzeitigem Kenntnisstand die beiden Tatort-Regisseure Dietrich Brüggemann und Bernd Wunder die Initiatoren der Aktion. Beide haben einen engen Draht zu den Schauspielern und genießen hohes Ansehen in der Schauspielszene. Doch sowohl von Brüggemann als auch von Wunder sind kontroverse Aussagen zum Pandemiegeschehen bekannt. Zudem wird ein Song des als Noisy Nancy auftretenden Brüggemann gerne auf Querdenker-Demos als Protest-Lied abgespielt. Trotz des vermeintlichen Vertrauensvorschusses hätten die beteiligten Schauspieler im Vorfeld erahnen können, welche Auswirkungen ihre Äußerungen haben würden.

Dass die Aktion letztendlich so negativ aufgefasst wurde, liegt jedoch nicht nur am politischen Background oder den gesprochenen Inhalten, sondern vor allem an der Tonalität: Wer in einem emotional derart aufgeladenen Umfeld agiert, sollte klar und deutlich kommunizieren und nicht mit den Gefühlen anderer spielen. Ironie, Sarkasmus und Zynismus können auf so unterschiedliche Arten aufgefasst und interpretiert werden, wie kaum eine andere Form der Kommunikation. Wer diese Stilmittel in einem aufgeladenen Umfeld nutzt, nimmt in Kauf, die Gesellschaft noch weiter zu spalten. Die Bereitschaft zu einem konstruktiven Dialog und das Beisteuern sachlicher Kritik sieht anders aus. Führt man sich die Situation in den Krankenhäusern und den Pflegeeinrichtungen vor Augen, erscheinen Ironie oder gar Zynismus nicht als Mittel der Wahl.

Was wir für die Praxis mitnehmen können? In emotional aufgeladenen Situationen gilt das Gleiche wie in der Krisenkommunikation: Kommuniziere klar, konstruktiv und mit der gebotenen Sensibilität.

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